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Anke, Cornelia, Stefanie und Mandy von Christian Thoelke (geb. 1973)

Ins Bild gesetzt: Aus der Kunstsammlung der Berliner Volksbank

Die Berliner Volksbank verfügt über eine Sammlung von über 1000 Gemälden, Zeichnungen, Druckgrafiken und Skulpturen, die sich in den Geschäftsbereichen und Filialen der Bank in Berlin und Brandenburg befinden. Es sind Werke von rund 100 Künstlerinnen und Künstlern aus Ost- und Westdeutschland – entstanden nach 1947.

Zu den jüngsten Erwerbungen für die Kunstsammlung der Berliner Volksbank gehören zwei Gemälde des Künstlers Christian Thoelke. Sie entstanden 2003, im letzten Jahr seiner Meisterschülerzeit an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, die sich dem Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee anschloss. Die künstlerischen Impulse seiner Professoren, Wolfgang Peuker in Berlin und Ulrich Hachulla in Leipzig, haben in Thoelkes großformatigen Figurenbildnissen eine interessante Weiterführung erfahren. Die Strenge seiner Bildkompositionen, die Klarheit des Bildaufbaus und die Bedeutung des Details für das Bildganze verorten seine Malerei in kunstgeschichtlichen Traditionen der „Neuen Sachlichkeit“ bzw. des „Magischen Realismus“.

Im Bild „Anke, Cornelia, Stefanie, Mandy“ begegnet uns eine Gruppe von vier jungen Frauen. Dicht aneinander gestellt verharren sie in einem Moment des Wartens, möglicherweise vor einer Prüfung o. ä. Die sichtbaren Hände umfassen Scripte, die für den bevorstehenden Auftritt von Bedeutung sind. Christian Thoelke wählt den Bildtypus des Kniestücks, der es ihm erlaubt, bei einer Bildhöhe von 175 cm die dargestellten Personen in Lebensgröße an den Betrachter heran zu zoomen. Ihnen gilt die volle Konzentration des Malers wie des Betrachters. Alle Bildinformationen müssen aus den Figuren selbst hergeleitet werden, denn der imaginäre Raum, farblich in einem weichen Grauton gehalten, ist bewusst allgemein. Eine topografische Zuordnung ist nicht möglich, die soziale erscheint durch das äußere Erscheinungsbild der jungen Frauen um so prägnanter. Das jugendliche Alter und die modische Kleidung, die in Stil und Farbgebung den Zeitgeist der unmittelbaren Gegenwart transportieren, typisieren auf den ersten Blick die Gruppenzugehörigkeit. Darüber hinaus lassen sich unschwer individuelle Besonderheiten aus den frontal und im Profil gezeigten Gesichtern sowie den einzelnen Körperhaltungen ablesen. Die Materialität der sorgfältig ausgewählten Kleidungsstücke, wie etwa die in weiche Falten fallende Tüllbluse, bereiten dem Betrachter ästhetischen Genuss.

Christian Thoelke bannt einen Augenblick im Verhalten der Akteure und schafft mit ihm ein Sozialporträt, das Individuen in der Prägung durch ihr Umfeld zeigt. Thoelkes bildkünstlerische Interpretationen der Figuren und deren Konstellationen zueinander oder innerhalb ihrer Umgebung sind sensibel und zugleich nüchtern distanziert. Dabei kann der geschärfte Blick des präzisen Beobachters Christian Thoelke auf die technische Perfektion des Malers ChristianThoelke bauen.

Im Bild, das den Titel „Katharina“ trägt, wird ein anderes Charakteristikum in Thoelkes Malerei deutlich. In oft ungewöhnlich perspektivisch gezeichneten Innenräumen werden in sich versunkene Bildgestalten platziert. Das Interieur ist akribisch funktional und detailreich wieder gegeben. Es fallen geometrische Fußbodenmo-saiken ins Auge, die die Leinwand in rhombenartige Detailflächen gliedern und den Eindruck von räumlicher Tiefe unterstützen. So entstehen auf der Leinwand im Atelier des Künstlers zumeist in paralleler Arbeit Momentaufnahmen in Schwimmbädern oder Hotelzimmern; Menschen auf Terrassen, hinter denen der Horizont eine unbekannte Ferne freigibt; ein Kind, das neben seiner ins Kartenspiel vertieften Mutter Gameboy spielt oder fantasievolle Szenerien, in denen verschiedene Zeitebenen miteinander verflochten werden.