In der Ausstellung „Paradies" mischt der Künstler Christian Thoelke seine eigenen Bilder ostdeutscher Architektur mit Werken der Sammlung der Berliner Volksbank. Im Paradies von Christian Thoelke ist es ziemlich leer. Ein paar Birken wachsen in einem seiner Bilder vor dem Haus, dessen Rasterfassade weder von spielenden Kindern noch vom Bunt auch nur eines Sonnenschirms gestört wird. Auf einem anderen Gemälde schiebt sich eine feine Senkrechte zwischen die Palme im rötlichen Licht eines Sonnenuntergangs als Zeichen dafür, dass hier bloß ein Plakat hängt. Die echte Idylle wartet, wenn überhaupt, anderswo.
Zwar preisen auch Urlaubsanbieter ihre Ziele ohne Hinweis auf überfüllte Strände oder Bettenburgen an. Doch die Stille und totale Abwesenheit von Menschen in Thoelkes Werk sorgen für ein Gefühl der Beklemmung.„Paradies", , wie der Berliner Künstler sowohl eines seiner Bilder als auch die Ausstellung nennt, die er aktuell in der Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank zeigt, wird zum vieldeutigen Begriff. Verfall und Verlust Thoelke, 1973 in Berlin geboren, nutzt die Leere als Symbol. Für seine eigenen Erfahrungen nach der Wende, als deren Konsequenz vierzig Jahre gelebte Realität von anderen kritisch betrachtet und dekonstruiert wurden: Einmischung, Abwertung und Auslöschung etwa der Architektur der DDR inklusive. In den verlassenen Plattenbauten, Imbissen oder Ladengeschäften, die der Künstler präzise verfallen, aber auch vor poppig farbigen Hintergründen malt, die für eine eigenartig romantische Aufladung sorgen, spiegelt sich ein Verlust der eigenen Geschichte. Ihre Deutung holt er sich in der Ausstellung ein Stück weit zurück. „Paradies" mischt Thoelkes eigene, fast immer großformatige Gemälde mit Werken aus der Sammlung der Berliner Volksbank. Bis 1989 konzentrierte man sich hier vorwiegend auf West-Berliner Perspektiven, K. H. Hödicke, Werner Heldt und Rainer Fetting stehen für diese Zeit. Die Lücken im Berliner Stadtbild und darüber hinaus füllten sich anschließend mit Leinwänden, Zeichnungen und grafischen Blättern von Manfred Butzmann, Ursula Strozynski, Wolfgang Mattgeuer, Dietrich Nolsky oder dem vor vier Jahren verstorbenen Klaus Roenspieß. Bilder vom steinernen Berlin Sie alle tauchen in der Gruppenschau „Paradies" auf. Thoelke wählte Strozynskis dunkle, messerscharfe Radierungen vom Ostkreuz oder dem Hackeschen Markt aus den 1980er Jahren aus, dazu Manfred Butzmanns virtuoses Mappenwerk „Steinernes Berlin". Barbara Quandt widmete sich 1978 aus der Vogelperspektive dem Reichstag, als dieser längst noch keine gläserne Kuppel besals., und von Ulla Walter stammt ein Motiv aus den neunziger Jahren, das die damals im Techno-Stil aufgemachten Prostituierten an der Oranienburger Straße festgehalten hat Christian Thoelke collagiert ihre Ansichten und Techniken zu einem kollektiven Bildnis.Das Ergebnis ist kein stimmiger Überblick, sondern ein Mosaik der subjektiven Interpretationen. Berlin als Moloch, Partyzone, Stillleben aus Brücken, Wasser und dem Blumentopf im Fenster, von dem heraus die Szene festgehalten wurde. Was die in der Ausstellung versammelten Künstlerinnen und Künstler dennoch verbindet, ihre Bilder und Skulpturen zusammenhält: Sie alle schildern Berlin als eine erinnerte Stadt. Kaum etwas ist noch wie von Butzmann, Trak Wendisch oder Ulla Walter gemalt. Einiges erkennt man sofort, doch die Details wie auch die Atmosphäre haben sich radikal verändert. Dialoge zwischen Ost und West Trotzdem ist „Paradies" kein melancholisches Wiedersehen. Die Ausstellung über 2 Etagen fordert vielmehr zum vergleichenden Sehen auf und belohnt mit der Analyse der Frage, weshalb der Dialog zwischen Ost und West vielfach so holprig verlaufen ist und es vielleicht auch gar nicht anders konnte, weil die Erfahrungen stark divergieren. Thoelke selbst wird zum Stellvertreter dieses immer noch offenen Prozesses, seine doppelte Intervention innerhalb der Ausstellung beleuchtet die jüngere Vergangenheit aus seiner Perspektive.